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Zeichenbezogene Faktoren

Zur Empfehlung

Schriftart

Für die Auswahl geeigneter Schriftarten für Menschen mit Seheinschränkungen sind folgende Faktoren von besonderer Bedeutung:1

Erkennbarkeit

Als Erkennbarkeit wird die Eigenschaft der einzelnen Zeichen verstanden, die es ermöglicht, diese zu erfassen und von anderen zu unterscheiden2 .

Der Buchstabe G in Fraktur abgebildet. Der Buchstabe G als Handschrift abgebildet. Der Buchstabe G in einer serifenlosen Antiqua abgebildet.

Damit Buchstaben erkannt werden können, muss man sie zunächst lernen. Ihre Form folgt jeweils festgelegten Konventionen. Dass diese drei Buchstaben denselben Konsonanten bezeichnen, ist formal nicht nachvollziehbar und nur für kundige Leserinnen und Leser erkennbar.

Unterscheidbarkeit

Die Unterscheidbarkeit einzelner Buchstabenformen erleichtert das schnelle Erfassen ihrer Bedeutung.

Futura

Unit

Während konstruierte Serifenlose, die einem geometrischen Formprinzip folgen, häufig sehr ähnliche Buchstabenformen aufweisen (oben), unterscheiden sich die Schriftzeichen der humanistischen Serifenlosen, die einem dynamischen Formprinzip folgen, deutlicher voneinander (unten).

Gill

Arial

Neue Frutiger 1450

Verwechselbare Zeichenformen finden sich auch bei 1, I und l sowie bei O und 0.

Offenheit

Die Offenheit von Zeichenformen stärkt deren Unterscheidbarkeit auch bei schlechter Druckqualität, unscharfer Sicht, Überstrahlung oder schlechten Lichtverhältnissen, was insbesondere bei den Kleinbuchstaben a, c, e, o oder s deutlich wird.

Permafrost
Permafrost

In der Unschärfesimulation zeigt sich die bessere Unterscheidbarkeit offener Zeichenformen des dynamischen Formprinzips (unten: Neue Frutiger 1450) gegenüber geschlosseneren Zeichen des statischen Formprinzips (oben: Arial).

Strichstärkenkontrast

Hohe Kontraste zwischen Grund- und Haarstrichen, wie sie insbesondere klassizistische Antiquaschriften aufweisen, führen in kleinen Größen, bei Überstrahlungen, schlechter Druckqualität, schwachem Hintergrundkontrast oder geringer Bildschirmauflösung dazu, dass feine Linien wegbrechen oder nicht mehr wahrgenommen werden. Renaissance-Antiqua und Serifenlose weisen in der Regel geringere Strichstärkenkontraste auf als andere Schriften und sind daher für Leserinnen und Leser mit beeinträchtigtem Sehvermögen besser geeignet.

A
A

Strichstärkenkontraste fallen je nach Schriftklassifikation sehr unterschiedlich aus, wie auf dieser vereinfachten Darstellung zu sehen ist. Während Klassizistische Antiquaschriften häufig sehr feine Haarstriche aufweisen, sind Schriften der Renaissance-Antiqua kräftiger geschnitten. Die Barock-Antiqua bildet eine Übergangsform zwischen beiden. Linear-Antiqua- bzw. Serifenlose weisen meist einen geringeren Unterschied zwischen Grund- und Haarstrichen auf. Allerdings unterliegen die einzelnen Schriften innerhalb der Klassifikationen einer großen Formenvielfalt, weshalb diese Einteilung lediglich eine grobe Orientierung bietet.

Schriftarten

Geometrisches
Formenprinzip
Statisches
Formenprinzip
Dynamisches
Formenprinzip
Schriften ohne Serifen
(Grotesk)
Konstruierte Serifenlose
(z. B. Futura)
Klassizistische Serifenlose
(z. B. Helvetica)
Humanistische Serifenlose
(z. B. Unit)
Schriften mit Serifen
(Antiqua)
Serifenbetonte Linear-Antiqua
(z. B. Lubalin Graph)
Klassizistische Antiqua
(z. B. Bodoni)
Renaissance-Antiqua
(z. B. Garamond)
Die Buchstabenfolge »Ilaqeg« ist in der oberen Reihe als serifenlose Schrift und in der unteren Reihe mit Serifen abgebildet, jeweils in drei unterschiedlichen Schriften, die dem geometrischen, statischen und dynamischen Formprinzip folgen.

Diese vereinfachte Übersicht der unterschiedlichen Formprinzipien3 von Schriften mit und ohne Serifen zeigt, dass Serifenlose, die dem dynamischen Formprinzip folgen, besser unterscheidbare und offenere Buchstabenformen bei gleichzeitig geringerem Strichstärkenkontrast aufweisen als andere Schriften. Schriften dieses Formprinzips werden für Signalisationstext empfohlen, weil hier aufgrund von situationsbedingten Einflüssen die höchsten Anforderungen an die Leserlichkeit gestellt werden.4

Für Menschen mit Sehbehinderungen gelten grundsätzlich erhöhte Anforderungen an die Leserlichkeit. Diese Leserinnen und Leser favorisieren humanistische Serifenlose für alle Textarten.

Die nachstehend abgebildeten Schriftmuster stehen beispielhaft für Schriften dieses Formprinzips.

Mit Betriebssystemen oder Software ausgelieferte Schriften (nicht gesondert kostenpflichtig)

Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Calibri Regular.
Calibri Regular
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Lucida Sans Regular.
Lucida Sans/Grande Regular
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Verdana Regular.
Verdana Regular

Open Source-Schriften (kostenfrei entsprechend den hinter­legten Nutzungsbedingungen)

Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Noto Sans Regular.
Noto Sans Regular, Bezug über Google Fonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Open Sans Regular.
Open Sans Regular, Bezug über Google Fonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Source Sans Pro Regular.
Source Sans Pro Regular, Bezug über Google Fonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Fira Sans Regular.
Fira Sans Regular, Bezug über Google Fonts

Lizenzpflichtige Schriften (kostenpflichtig)

Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Frutiger 55 Roman.
Frutiger 55 Roman, Vertrieb: MyFonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Neue Frutiger 1450 Regular.
Neue Frutiger 1450 Regular, Vertrieb: MyFonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart FF Meta Book.
FF Meta Book, Vertrieb: MyFonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart FF Milo Text.
FF Milo Text, Vertrieb: MyFonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Myriad Regular.
Myriad Regular, Vertrieb: Adobe
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart TheSans Regular.
TheSans Regular, Vertrieb: LucasFonts
Die Abbildung zeigt ein Schriftmuster der Schriftart Wayfinding Sans Regular.
Wayfinding Sans Regular, Vertrieb: FDI

Zusammengefasste Empfehlungen
Schriftart

Fußnoten

  1. DIN 1450
    Schriften – Leserlichkeit
    Ausgabe April 2013

    Jan Filek
    Read/ability – Typografie und Lesbarkeit
    Niggli 2013

    Ralf Herrmann
    TypoJournal 2, 2010
    www.typografie.info
  2. DIN 1450
    Schriften – Leserlichkeit

    Ausgabe April 2013
  3. Indra Kupferschmid
    Buchstaben kommen selten allein
    Niggli 2001

    Hans Peter Willberg
    Wegweiser Schrift
    Verlag Hermann Schmidt Mainz 2001
  4. DIN 1450
    Schriften – Leserlichkeit
    Ausgabe April 2013

    Ralf Herrmann
    TypoJournal 2, 2010
    www.typografie.info

    Florian Adler, Sven Neumann
    Leserlichkeit von Schrift im Öffentlichen Raum
    in: J. Eckert, C. Fischer, I. Pfeiffer, P. Schäfer, A. Uebele u. a. (Hg.)
    Schrift und Identität, Niggli 2013